Fickende Fische

Jung, Deutsch, Planlos Sucht...

Mittwoch, 16.3.2005 20:15  ! Programmkino Rex
0:00 Fickende Fische

Wenn ein Kind mit 4 durch eine Blutkonserve mit HIV infiziert wird, wie kann der Rest seines Lebens aussehen, von dem niemand weiß, wie groß er noch ist. Also für Jan, der sich bis in sein 16tes Lebensjahr gerettet hat, sieht es wohl wie von unter Wasser aus.

Die Dinge haben nicht immer einen gleichbleibenden Platz und Wert und manchmal verzerren sie sich, die Farben sind verschoben, die Geräusche gedämpft. Zermürbt von der Routine der vielen Untersuchungen und der Routiniertheit der Mediziner lebt er eingezwängt zwischen der teilnahmslosen Unwissenheit seiner Mitmenschen und der übertriebenen Fürsorge seiner Eltern wie in einem Aquarium gefangen und droht auch wie ein Fisch zu verstummen. Einerseits flüchtet er sich vor den qualvollen Kompromissen seiner Lebensumstände in die Introvertiertheit, andererseits protestiert und rebelliert er gegen die daraus erwachsende Isolation durch das bewußte Aufsuchen von Extremsituationen. Bäng! Als Nina auf Rollerblades (sich) in Jan (ver)knallt, entsteht für ihn mit der ersten Liebe wie mit einem Urknall ein ganzes Universum an Gefühlen, Eindrücken und Ausblicken auf die Welt außerhalb seines Aquariums, oder umgekehrt: sein Aquarium beginnt sich schlagartig auszudehnen und immer mehr von der Welt mit einzuschließen. Doch ist diese Expansion stets vom Zusammenbruch bedroht durch Jans Krankheit und seine Angst vor dem, was passiert wenn die ahnungslose Nina davon erfährt. Auch für sie ist diese Liebe eine befreiende Entdeckung und der damit verbundene Blick nach innen von ebenso unsicherem Staunen begleitet wie Jans Ausblick aus dem Schneckenhaus.

Geängstigt durch die Wahrnehmung ihrer zerstrittenen Eltern und das damit verbundene, noch stärker und drängender als für jeden Heranwachsenden auftauchende, Fraglichwerden der eigenen Identität und Orientierung, hatte sie entschlossen und temperamentvoll und doch grundsätzlich verunsichert die Flucht nach vorn angetreten und dabei aus den Augen verloren, was ihr ihre Familie immer noch gibt und bedeutet. Auch wenn sich durch ihr Zueinanderfinden für jeden eine neue Welt erschlossen hat, bleiben Jan und Nina vor die Aufgabe gestellt, Antworten und einen Weg zu finden, ihre Liebe mit und trotz AIDS zu leben und ihre gemeinsame Welt gegen die Forderungen der Umstände und die Zweifel der Umwelt zu behaupten. Was den Film auszeichnet sind neben dem involvierenden Thema die liebenswert unverkrampften Darsteller, die einfallsreiche Regie und der Umstand, daß er sein visuelles Medium dazu nutzt zu zeigen statt nur aufzuzählen und zu veranschaulichen statt nur zu beschreiben.

"FICKENDE FISCHE ist ein Glücksfall fürs deutsche Kino:..." (filmdienst)

"Für mich ist das ein Film, der die ganze Welt, wo natürlich auch Grausamkeit herrscht, auf einmal schön erscheinen lässt mit Kleinigkeiten." (Tino Mewes)

"Ein ebenso berührendes wie ausgesprochen unterhaltsames Jugenddrama, ..."(filmdienst)

In ihrem gefühlvollen, aber nie sentimentalen Spielfilmdebüt gelingt ... Almut Getto das Kunststück, einerseits das ganz normale Gefühlschaos eines pubertierenden Jungen zu zeigen, andererseits mit schonungsloser Genauigkeit den Alltag eines Aids-Kranken zu beobachten: ..."(Cinema)

Die existentiell so entscheidende Frage, was es bedeutet, sich auf der Suche nach Identität und Lebenssinn von normierten gesellschaftlichen Vorgaben zu befreien, wird hier einmal nicht zur übertrieben bedeutungsschweren, kopflastigen Seelenqual, ..."(filmdienst)

Sprache, Gesten und Situationen stimmen. Darüber hinaus gelingen reizvolle, von zarten elektronischen Klängen begleitete Bilder, die bei allem Realismus auch magische Momente aufspüren." (epd Film)

"Es ist verblüffend wie kontrolliert und beherrscht Almut Getto dabei mit den Bild- und Tonebenen jongliert, um geschickt die Nähte zwischen Traum und Wirklichkeit, Schein und Sein zu verwischen, ..."

MS