Liebelei

Mittwoch, 3.12.1958 18:45  ! Köhlersaal
18:45 Liebelei

Programmheft WS 1964/1965:

Der Film »Liebelei« von Max Ophüls nach Arthur Schnitzlers Drama, das früher schon mehrfach verfilmt wurde, wurde am 16. März 1933 in Berlin uraufgeführt. Er stellt auf ergreifende Art der Zartheit seiner Liebesgeschichte, die Strenge militärischer Ehrbegriffe gegenüber: Ein junger Leutnant, der ein Wiener Mädchen liebt und von ihm wiedergeliebt wird, wird von einem Baron zur Rechenschaft gezogen, der ihn für den Liebhaber seiner Frau hält. In Wirklichkeit hatte der Leutnant die Beziehung zur Baronin schon vor einiger Zeit abgebrochen. Dennoch muß dem Ehrenkodex Genüge geschehen: Der Leutnant wird im Duell von dem Baron getötet, aus Verzweiflung darüber stürzt sich das junge Mädchen aus dem Fenster.

Als Beispiel eines unmenschlichen Sieges konventioneller Vorurteile zeigte der Film nachdrücklich auf, wie veraltet und moralisch hinfällig diese waren. Als der Freund des Leutnants, gleichfalls ein Offizier, sich weigerte bei einem Duell zu sekundieren, das um einer längstvergangenen Liebesbeziehung willen ausgefochten wurde, erklärt ihm sein Oberst rundheraus, daß er dann den Dienst quittieren müsse; worauf der Offizier erwidert, daß er sich nicht davor fürchte, auf einer brasilianischen Kaffeeplantage ein neues Leben zu beginnen. Der Sinn dieser Auseinandersetzung empfing noch seine besonderen Akzente von der schwermütigen Schönheit der Liebesgeschichte selbst, die von echter Empfindung durchdrungen war.


Programmheft WS 1958/1959:

Als Zeitgenosse Strindbergs und lbsens übt Schnitzler in seinem Schauspiel „Liebelei” (1895) eine Gesellschaftskritik, wenn auch auf eine wienerisch verbindliche Art. Als Ophüls 1932 dieses Bühnenstück verfilmt, war die Hohlheit und Lüge des „fin de siècle” längst entlarvt.
Ophüls kann und will also in diesem Werk keine Kritik üben. Es reizt ihn, das Milieu darzustellen und Feinste Nuancen und differenzierte Gefühlsregungen herauszuarbeiten. Die Parallelität zu Madame de . . . springt ins Auge: Hier wie dort schafft ein „Ehrenhandel” eine Tragödie, der jedes tragische Gewicht fehlt, weil die zufällige Konvention nicht als Notwendigkeit glaubhaft wird. Hieran erkennt man Stärken und Schwächen des Werkes von Ophüls. Er spielt mit seinem in Einzelheiten sicheren Geschmack mit den erotischen Laxheiten dieser Zeit — er präsentiert die Welt getrübter Reize und müder Lebenslügen. Einzigartig sind seine Führung der Schauspieler und die Anordnung der Bilder.