Die Einsamkeit des Langstreckenläufers

Dienstag, 26.11.1996 20:00 Audimax
0:00 Die Einsamkeit des Langstreckenläufers

"...Eine Zeile glucksbäuchiger Glotzaugen strahlten mich an, und eine Reihe Goldfischmäuler öffneten sich und winkten mir mit Goldzähnen, so daß ich ihnen die Antwort gab, die sie hören wollten, denn mein Trumpf-As wollte ich mir noch aufheben...."
aus: Alan Sillitoe: Die Einsamkeit des Langstreckenläufers, Zürich 1967.

Colin muß nach einer Straftat ins Erziehungsheim. Der ehrgeizige Direktor entdeckt seine Begabung für den Langstreckenlauf und veranstaltet einen Wettkampf mit einem noblen College, bei dem Colin natürlich gewinnen soll. Während des Laufs jedoch befallen ihn Erinnerungsbilder und wirrer Groll, was Kameramann Walter Lasally subtil eingefangen hat und am Ende triumphiert er auf seine Weise über den Direktor und den überkommenen Erziehungsstil.

"Kaum sonst wird man die scheinbar widerstreitenden Elemente des neueren englischen Films so elegant, ja poetisch ineinander verwoben finden." (FAZ)


Programmheft SoSe 1982:

Colin kann mit Fürsprache des ehrgeizigen Heimdirektors vorzeitig aus dem Erziehungsheim entlassen werden. Dafür muß er einen Langstreckenlauf gegen den Besten einer anderen Schule gewinnen. Er verzichtet jedoch auf den möglichen Sieg.
 
Mit seinem realitätsnahen Thema und der nüchternen, dokumentarischen Bildführung Walter Lassallys ist dieser Film das konsequenteste und überzeugendste Werk des englischen Free Cinema. Unterstützt von der unaufdringlich präzisen Charakterisierungskunst seines Hauptdarstellers Tom Courtenay, gelang es Richardson mit filmischen Mitteln, das Elend des englischen Arbeiterlebens und die Unüberwindlichkeit der Klassenschranken schmerzlich erfahrbar zu machen. Indem er auf die übliche Romantisierung der Helden und ihrer Konflikte verzichtete, zeigte er, daß die wichtigste Voraussetzung für echte Veränderungen die Bereitschaft des einzelnen ist, auf Privilegien zu verzichten und statt dessen ein Klassenbewußtsein zu entwickeln.
So eindringlich und unverblümt ist dies selten in einem Film formuliert worden. (Buchers Enzyklopädie des Films)