Entscheidung vor Morgengrauen

Mittwoch, 6.2.1963 20:30  ! Köhlersaal
20:30 Entscheidung vor Morgengrauen

Programmheft WS 1962/1963:

„Dieser Film unternimmt es, einen der schwierigsten und problematischststen Fälle zu behandeln, die es in Kriegszeiten geben kann: die Spionage für die Militärmacht des Gegners. In der Vorstellung aller Völker ist der gewöhnliche Spion, der für Lohn oder Vorteil sein Land verrät, ein Verbrecher von besonderer Niedertracht und Verächtlichkeit. Das Kriegsrecht sämtlicher Nationen erkennt für eine solche Handlung die Todesstrafe. Es erhebt sich die Frage: kann es einen „ungewöhnlichen” Spion geben? — Ist Hochverrat unter allen Umständen ein Verbrechen . . .? Der positive Appell dieses Filmes besteht darin, daß er ohne Haß gemacht ist, ohne einseitige Verurteilung oder Anklage. Hier sitzt nicht mehr ein Volk über das andere zu Gericht. Selbst dem Vertreter des gegnerischen Prinzips wird die bona fides einer wirklichen Überzeugung zugebilligt, auch wenn es eine bis zur Zwangsvorstellung erstarrte Überzeugung ist.”

(CarI Zuckmayer im Vorwort zum Film)

„Wenn dieser Film dem amerikanischen Publikum zu sehr mit deutscher Perspektive versehen zu sein scheint, so werden viele Deutsche das entgegengesetzte Urteil fällen. Das Werk Litvaks das sicher so beständig sein wird, wie „La grande Illusion”, ist international und dazu gehört Mut. Erst wenn irgendeine deutsche Produktion einen deutschen Kriegsfilm fertigbringt, der nur halb so gut ist und der Wahrheit ebenso nahe kommt, kann man ernstlich auf problematische Stellen dieses Films hinweisen, der zeigt, was man mit deutschem Hintergrund und deutschen Schauspielern für Filme drehen kann — wenn man es kann! Obschon man anfangs befürchtet, daß die Hauptrolle mit Oskar Werner ein wenig nach amerikanischem Filmgeschmack besetzt ist, wird die tragische Rolle des jungen Obergefreiten Maurer, das Wiedersehen eines Verräters mit seinem Lande, unvergeßlich bleiben. Hildegard Knef, O. E. Hasse und Hans Christian Blech sind die deutschen Schauspieler, die man unter Litvaks Regie
einmal ohne deutsche Filmschnörkel und -verkrampfungen agieren sieht.”

(Robert Held in der FAZ)