Das Wiegenlied vom Totschlag

Dienstag, 20.1.1981 21:00 Helia
21:00 Das Wiegenlied vom Totschlag

Seminarbegleitheft WS 1980/1981:

Der Film spielt zur Zeit der Indianerkriege. Bei einem Überfall von Cheyenne Indianern auf einen Geldtransport werden bis auf den Soldaten Honos und Miss Christa Lee die ganze Escorte getötet. Christa war früher Frau des Häuptlings der Cheyenne und kennt die Geschichte der Indianerkriege. Honos ist ein rechtes Greenhorn. Sie übernimmt bald die Führung auf den 100 Meilen zum Fort Union. Während dieser Zeit verlieben sich die beiden ineinander. Als Honos verunglückt sucht sie für ihn Hilfe im Fort. Dort belauscht sie die Planung eines Vergeltungsschlages der Soldaten gegen die Indianer. Sie verläßt das Fort um die Indianer zu warnen. Trutz des Friedensangebots der Indianer läßt der befehlshabende Offizier das Dorf mit allen Frauen, Alten und Kindern niedermetzeln. Als das Massaker zu Ende ist hält der Offizier eine Siegrede deren Irrsinn und Schizophrenie angesichts der vorhergezeigten Bilder deutlich wird. Honos, der ebenfalls das Massaker zu verhindern suchte wird in Ketten abgeführt.
 
Der Niedergang der großen Westernzeit und ihr Ende fällt mit dem Ende des Vietnamkrieges zusammen. Der Film zeigt das Unrecht des Vietnamkrieges mit all seiner Brutalität auf. Das Trauma keiner gerechten Sache zu dienen, steht im Widerspruch zum Western und dessen moralischen Werten von Freiheit, Mut, aber auch Achtung vor dem Gegner. Hier entstand ein Konflikt der durch keinen Mythos mehr zu rechtfertigen ist.
 
Wie schon eine ganze Reihe vor ihm behandelt der Film die Auseinandersetzung mit der indianischen Urbevölkerung ("Seminola"(1953) u. "Cheyenne" (1964)). Seine Stellung bezieht der Film erst im Verlauf der Handlung. Der Protagonist, Honos, und mit ihm der Zuschauer, revidiert im Verlauf des Films seine Vorstellung über die Indianer. Nach dem Überfall auf den Geldtransport zum Beispiel ist Honos entsetzt über die Brutalität der Indianer, die Skalpe nehmen, Hände und Füße abschneiden. Von Christa erfährt der Zuschauer, daß das von den Weißen abstammt. In einer Zeit, als in Amerika das Motto galt: Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer; und es eine Prämie für jeden toten Indianer gab, wurde von den Weißen als Beweis für die Tötung der Skalp verlangt. Die Pervertierung der Brutalität gegenüber den Indianern wird noch deutlicher, wenn man weis, daß ein Indianer ohne Skalp nicht in die "ewigen Jagdgründe" das indianische Paradis eingehen kann.
 
Der Film ist in drei Teile gegliedert. Der erste Teil geht bis zum Überfall auf den Geldtransport. Sein Höhepunkt ist die brutale Szene des Überfalls selbst. Dann kommt quasi zur Entspannung die Sequenz in der das seltsame Paar Honos/Christa sich ineinander verliebt. Den Schluß bildet das Massaker in dem Indianerdorf. Hier durchschaut der Zuschauer die Brutalität der Weißen. Der Mythos der historischen Notwendigkeit des Völkermordes wird durch die gezeigten Bilder ad absurdum geführt - Bilder wie man sie sich brutaler nicht vorstellen kann.
 
Der Film wirbt mit dem Slogan: Der härteste Film aller Zeiten. Ein Anspruch der vielleicht zu recht besteht. Aber diese Härte versucht er ethisch auszuwerten.