Dadaismus & Surrealismus-Seminar

Filmseminar im WS 85/86

Dadaistische Tendenzen und Manifestationen lassen sich zu fast allen Zeiten finden, jedoch wurde zu nur einer Zeit eine Manifestation zu einer Bewegung: Mitten im ersten Weltkrieg, 1915/16, herrschte in Zürich, diesem Zentrum des "Nicht-Krieges" eine eigenartig verdichtete, spannungsvolle Lage. In dieser Komprimierten Atmosphäre konnten die sehr unterschiedlichen Personen und Ideen aufeinandertreffen und sich zusammenfinden. Ihnen gemeinsam war die Frage nach dem WOHIN? Die bürgerliche Gesellschaft mit ihrer bürgerlichen Kunst hatte versagt, weil sie es nicht vermocht hatte, den Krieg zu verhindern. Deshalb wollten die Künstler bewußt Anti-Kunst produzieren, mit Provokation, Demonstration und Opposition den Spießer zur Wut und zum beschämten Erwachen bringen, die vernagelten Köpfe aufbrechen und frischen Wind in sie hineinblasen.
 
Diese Ideen hatten weltweit noch andere Künstler, und so entstanden nach und nach oft unabhängig voneinander Dada-Bewegungen in Berlin, New York, Hannover, Köln, Rußland,..
 
Jede Bewegung hatte ihre charakteristischen Schwerpunkte, und jeder Künstler seine Eigenarten. Deshalb ist Dada keine einheitliche Kunstrichtung, gibt es keine formalen Kennzeichen für Dada.
 
Während sich die Dadaistische Bewegung ab 1922 auflöste, bildete sich eine neue Bewegung heran. Ende das Dadaismus und Anfang des Surrealismus sind so eng miteinander verwoben, daß die Zuordnung einiger Künstler bzw. einiger Werke nicht möglich ist. Der Surrealismus übernahm das Gedankengut des Dadaismus und entwickelte dazu einen theoretischen und methodischen Oberbau.
Ein wichtiger Anfangspunkt ist wohl das erste surrealistische Manifest, das André Breton 1924 veröffentlichte. In ihm gab er eine erste Definition des Surrealismus: "Surrealismus, Substantiv, maskulinum. Reiner, psychischer Automatismus, durch welchen man, sei es mündlich, sei es schriftlich, sei es auf andere Weise, den wirklichen Ablauf des Denkens auszudrücken versucht. Denk-Diktat ohne jede Vernunft-Kontrolle und außerhalb aller ästhetischen oder ethischen Fragestellungen."  
 
Die Lehren Freuds übten starken Einfluß auf die Surrealisten aus, Träume wurden durch Sprache und Bilder protokolliert, es entstand die "art magique". "Ich glaube an die künftige Auflösung der - scheinbar so widersprüchlichen - Zustände von Traum und Wirklichkeit in eine Art absoluter Realität oder Surrealität, wenn ich es so nennen darf." (André Breton) Breton und Aragon sahen den Surrealismus als Bestandteil der linken Revolution und forderten kompromißloses Engagement, was zu Streitigkeiten und Ausschlüssen führte. Salvadore Dali gab der Bewegung dann wieder neuen Aufschwung, indem er die "kritische Paranoia" als im Alltag ausgelebten Wahnsinn propagierte. Es war der Versuch, "alle Wünsche, Sehnsüchte und Begierden aller Menschen in skandalöser Weise in die Welt einzuschleusen, hineinzuschmuggeln, der Welt aufzudrängen." (Maurice Nadeau)
 
Die ausgewühlten Filme können wegen der Vielfalt der Werke des Dadaismus und des Surrealismus und wegen des Problem der Zuordnung in eine Kunstrichtung nur Facetten sein. Sie versuchen, das Gedankengut, die "message" zu vermitteln. In vielen Spielfilmen und Dokumentarfilmen späterer Jahre werden dadaistische und surrealistische Ansätze verwendet, teilweise nur in Ausschnitten oder einzelnen Szenen.