Neo Noir II

Es gibt immer noch Uneinigkeit unter den Filmwissenschaftlern und Kritikern darüber, ob der Begriff “film noir” eine Stilrichtung mit ganz konkreter Herkunft (USA) und zeitlicher Eingrenzung (von John Hustons 1941er „Die Spur des Falken“ – „The maltese Falcon“ bis zu Orson Wells 1958er „Im Zeichen des Bösen“ - „Touch of Evil“) mit zugegebenermaßen möglichen Vorläufern und Nachfolgern/Nachahmern bezeichnet, oder für ein Genre steht, dem Filme ohne Rücksicht auf Herkunft und Produktionsjahr nur auf Grund bestimmter inhaltlicher, stilistischer oder formaler Kriterien zugeordnet werden können.

Auf jeden Fall herrscht Konsens darüber, dass der film noir in seiner Entstehung und seiner Haltung (stark beinflusst von den vielen in den 30er Jahren immigrierten europäischen Regisseuren) eine Art Gegenentwurf zum american dream und dementsprechend nicht selten auch dem konventionellen Holywood-Happy-End_Schema bildet. Nicht von ungefähr haben einige der Filme ihren Schauplatz mit Hollywood direkt im Zentrum der Fabrikation dieses Traums.

Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, wenn Filme, die gemäß der Genre-Theorie dazugezählt werden müssten, anscheinend öfter auftauchen, wenn sich die amerikanische Gesellschaft, bevorzugt durch langwierige Kriege (WWII & Korea = film noir, Vietnamrückzug = neo noir, 9/11 & “war on terror“ = neo noir II) und oder (damit einhergehende) Wirtschaftskrisen und soziale Umwälzungen (Postkriegsrezession & McCarthy-Paranoia = film noir, Ölkrise & civil rights movement & sexuelle Emanzipation = neo noir, Finanzkrise & zunehmende gesellschaftliche Spaltung seit dem Wahlskandal 2002 = neo noir II) in ihrem Selbstverständnis erschüttert findet.

Unsere Reihe widmet sich nun dem jüngsten dieser Phänomene und beinhaltet dabei sowohl zeitgenössisch angesiedelte Stoffe, als auch Filme, die dezidiert in der Periode der ursprünglichen schwarzen Serie spielen. MS