Die Komik im Film

Vielleicht ist es notwendig, vorauszuschicken, daß die Komik im Film etwas Anderes ist als das Komische im Film. Hätten wir es mit Letzterem zu tun, so kämen dank dem Hand in Hand gehenden Geschmack der Filmschaffenden und des Publikums als Demonstrationsbeispiele grundsätzlich alle Filmgattungen in Frage, insbesondere Heimatfilme, vaterIändische Filme, viele Liebes-‚ manche religiöse, neuerdings auch Aufklärungsfilme. Das soll freilich nicht heißen, daß ein Film, der auf Komik abgestellt ist, nicht auch komisch sein könnte; er muß es sogar als einziger auf jeden Fall sein: entweder weil die Komik gelungen oder aber weil sie mißlungen ist.
Die psychologische Durchleuchtung der Komik im Film unterscheidet sich allerdings in einem wesentlichen Punkt von der Beschäftigung mit anderen Filmgattungen. Hatten wir bisher zu den filmischen Beispielen immer auch eine mehr oder weniger passende psychologische Theorie parat, so hapert es damit bei der Analyse und Interpretation der Komik doch ganz bedenklich. Nicht daß die Forschung dieses Gebiet bislang vernachlässigt hätte, aber man hat bei allen einschlägigen Publikationen das fatale Gefühl, daß der eigentliche Kern der Sache noch nicht getroffen sei. Jedenfalls gehen die Meinungen der Ästhetik, der Psychologie einschließlich der Tiefenpsychologie, der Kultursoziologie, der Ethnologie über diesen Gegenstand weit auseinander, ja sogar die Jurisprudenz kann sich nicht einig werden, ob etwa der makabre Flugblatt-Humor der Berliner Kommunarden nun eigentlich Spaß oder Ernst oder gar beides sei.
Man sollte indes diese Unzulänglichkeit nicht einseitig den betroffenen Wissenschaften anlasten; denn das Forschungsobjekt selber ist komplex und kompliziert. Vielleicht hängt das damit zusammen, daß das Lachen so spät das Licht dieser Welt erblickte: von zaghaften Ansätzen bei einigen wenigen höheren Wirbeltieren abgesehen, ist der Mensch — außer den antiken Göttern — das einzige Lebewesen, das lacht; insofern ist er nicht nur der nackte sondern auch der lachende Affe — wobei freilich im dunkeln bleibt, woher er eigentlich den Mut dazu nimmmt. Jedenfalls zeigen uns die unzähligen Nuancen des Lachens und Lächelns, vom grölenden Lachen des Trunkenboldes und dem wiehernden Gelächter der Stimmungskanone bis hin zum professionellen Grinsen amerikanischer Politiker, von den höchst subtilen Abstufungen des Lächelns ganz zu schweigen, daß wir es hier mit einer Ausdrucksform zu tun haben, die sich einer schematischen Katalogisierung radikal entzieht. Die gleiche Vielfalt finden wir im sprachlichen Bereich für die Komik — nehmen wir sie einmal als Oberbegriff — vor. Im Vordergrund steht der polare Gegensatz von Witz und Humor, freilich mit einer ganzen Skala von Übergängen und Abzweigungen: Ironie, Satire, Parodie, Persiflage, Groteske, Tragikomik usw. bis zum schwarzen und absurden Humor, der sich selber aufhebt und dialektisch in tödlichen Ernst umschlägt.
Ein Seminar über ein solches Thema muß daher notgedrungen ein Experiment sein. Aber es deswegen nicht zu veranstalten, wäre auch wieder komisch.