Stagecoach

Dienstag, 11.11.1997 20:00 Audimax
0:00 Stagecoach

Als das allgemeine Interesse am Western aufgrund dumpf und ewig ballernder Cowboys auf einen historischen Tiefpunkt angelangt war, rauschte Stagecoach mit Getöse in die amerikanischen Kinos:

Eine bunt zusammengewürfelte Truppe von Passagieren entschließt sich entgegen aller Warnungen, ein von Apachen bedrohtes Gebiet zu durchqueren. Mit dabei eine Schwangere aus den Südstaaten, ein dubioser Glücksspieler, eine vertriebene Prostituierte, ein schüchterner Whiskey-Vertreter, ein pflichtgetreuer Sheriff, ein die eigene Bank ausraubender Direktor, ein geschwätziger Kutscher und der Outlaw Ringo, gespielt von John Wayne, der mit diesem Film seinen Aufstieg in die Welt der A-Western meisterte.

Schnörkellose Erzählweise, klassische Dramaturgie, entfesselte Kamera und atemberaubende Stunts machten John Ford's Stagecoach zum Klassiker des Western Kinos und zweifellos zu einem Meisterwerk der Filmgeschichte.


Seminarbegleitheft WS 1980/1981:

1939, zu einer Zeit, da das Interesse an Western abflachte, erwarb John Ford die Rechte für die Verfilmung der Erzählung "Stage to Lordsbourgh". Er fand nur mit Mühe eine Produktionsfirma, weil der Western sich in einer Sackgasse befand. Die Protagonisten waren bis 1939 ziemlich steril-künstlerisch in ihrem Wesen. Außerdem wurden mittlerweise die meisten Western im Studio mit Hilfe der Rückprojektion gedreht, sodaß sie teilweise sehr bühnenhaft wirkten. Aus dieser Sackgasse zeigte "Stagecoach" einen Ausweg. Als Drehort wurde Monument-Valley gewählt - seitdem einer der klassischen Westernschauplätze.

Der Film erzählt von den eigentümlichen - halb mythischen, halb allegorischen Charakteren, die der Western hervorgebracht hat; von Spielern, Trunkenbolden und Huren, die ehrbar sind und von Geschäftsleuten und Bürgerfrauen, die es nicht sind. Die Flut der nachfolgenden Western ist immer wieder auf diese Charakterzuordnung zurückgekonmen.

Da ist einmal:
- "Ringo Kid", der anständige Kerl, der auf den falschen Weg gekommen ist. Diese Rolle katapultierte Michael Morrisen, Künstlername John Wayne, zum Weltstar schlechthin.
- der versoffene, aber menschliche Doc, .
- der Spieler mit den Gentleman Manieren ,
- die Frau aus dem Osten, die die Diskrepanz zwischen der bürgerlichen Moral des Ostens und der Freiheit des Westens wiederspiegelt, im Gegensatz zur
- guten Hure, die den Helden und seine Beweggründe versteht,
- der Bankier mit der doppelten Moral (er hat 50 000 Dollar unterschlagen), der die Verlogenheit der bürgerlichen Moral aufzeigt und
- der aufrechte Sheriff mit seiner intuitiven Verstehensposition zum Helden.

Durch dieses Konzept markiert dieser Film die Geburt des klassischen Western. Mensch und Landschaft geben sich gegenseitig ihre Identität. Natur, Objekte, Gesten erhalten über die Aktionshandlung hinaus einen emotionalen Stellenwert, der dem Film eine sublime Atmosphäre unterlegt: Flußstellen werden zu Oasen der Ruhe und des Friedens, weite Totalen, wie über das Monument-Valley, erwecken das Gefühl von Isolation und der ewigen Suche nach Heimat.

In John Fords "Stagecoach" wird " Kompliziertes in Bilder von höchster Evidenz kondensiert " ( Kurowski, Lexikon Film ). Stagecoach wird zum klassischen Western schlechthin.

"Stagecoach" ist ein einfacher Film mit einfachen Mitteln; seine Produktionskosten lagen bei 220 000 Dollar. Er lebt von der Dichte der Geschichte und den Mythen des Western - den Konflikten und ihrer Überwindung und den Gefahren wie z.B. den Indianern - nicht von aufwendiger Action.

Es gibt oder gab in Deutschland zwei Versionen des Films. Grund dafür ist die Schlußszene in der sich der Held mit dem Mörder seines Vaters duelliert, nachdem der Sheriff ihn freigelassen hat.