Vielleicht hätte Claire das Tagebuch des Verführers, das sie auf einer Bank liegend fand, niemals an sich genommen, wenn sie gewußt hätte, was dadurch auf sie zukommt. Dadurch begegnet sie Gregoire, einem scheuen und romantischen jungen Mann. Durch ihr begegnet sie den ungewöhnlichsten Leuten.
Wie das Mädchen in Kierkegaards Werk ist sich Claire nicht darüber im klaren, daß sie als Versuchskaninchen benutzt wird. Und wie im Buch wird Claire verführt - worauf für ihren besten Freund nur Claires Mutter übrig bleibt. Und als auch noch das Buch eine gewisse Eigendynamik zu entwickeln scheint, ist auf einmal ein Mord unausweichlich. Doch wohin mit der Leiche?
Selten waren die französischen Filme so gut auf der Berlinale vertreten wie 1996 - die größte Begeisterung lösten zwei philosophische Komödien der Sonderklasse aus: Des nouvelles du bon dieu, der im letzten Programm schon gezeigt wurde, und eben Das Tagebuch des Verführers. Wenigstens letzterer hat nun auch einen deutschen Verleih gefunden: manchmal setzt sich Qualität eben doch durch.