The Medium

Mittwoch, 29.1.1958 18:45  ! Köhlersaal
18:00 The Medium

Programmheft WS 1957/1958:

Das Darmstädter Echo schrieb zu der Aufführung des Films im Sommersemester durch den Filmkreis unter der Überschrift „Konzentrierte Filmoper": Die ungewöhnlichen Eindrücke von Gian Carlo Menottis Film-Oper "Das Medium" beruhen weniger auf der dramatisch zwar sehr erregenden, ohrenfälligen Musik als auf der intensiven filmischen Umsetzung. Menotti hat die musikalische Leitung an Thomas Schippers abgetreten und die Visionen um die Wahrsagerin, Madame Flora, in präziser, ja bedrängender Regie vor die Kamera Enzo Serafins gebracht, daß der Betrachter, auch bei wiederholter Begegnung, sich nur schwer dieser Bannkraft entziehen kann. Die Transposition des Musikalischen geschieht bis ins Detail hinein so suggestiv, daß man oft darüber die Musik fast vergißt, weil die Sprache des Bildes, selbst bei Ausschnitten und Großaufnahmen oder in musikalisch breiter ausgeführten Partien, die eigentlichen Spannungen, auch das Psychologische einfängt. Daß dieser erregende Film mit hervorragenden Opernsängern verwirklicht wurde, erleichterte und erschwerte Menottis Regie. Madame Flora ist Marie Powers‚ eine hochdramatische Sängerin von unerhörten gesanglichen und darstellerischen Fähigkeiten: erregend ihr stummes Spiel bei der ersten Seance und die erschütternde Soloszene, als sie das „Geheimnis“ ergründen will, von der Schnapsflasche immer mehr umnebelt. Licht und freundlich wie ihre glänzende Koloraturen ist die Monica Maria Alberghettis, ein schönes, ebenmäßiges Gesicht, bezaubernd in den zarten Liebesszenen mit dem stummen Toby. Leo Coleman realisiert diese rührende, ergreifende Gestalt, vor allem als er hilflos sich im Jahrmarktstreiben vor dem Puppenspiel verliert. Ausgezeichnet auch die drei kleineren Partien, die, trefflich gesungen und gespielt, das Unwirkliche, Fragwürdige dieser Geistererscheinungen erleben. Dieser Film, 1950 in Rom gedreht, weist neue Möglichkeiten eines Gesamtkunstwerks, einer filmischen Ausdruckskunst auf, vielleicht an einem etwas äußerlichen, effektvollen Stoff (er basiert, wie stets bei Menotti, auf einem persönlichen Erlebnis, das der Komponist 1936 bei einer spiritistischen Sitzung in St. Wolfgang hatte), doch die seltene Kongruenz des Musikalischen und Filmischen, von Menotti faszinierend verwirklicht, schafft diese einmalige, einzigartige künstlerische Verdichtung. — Es ist das Verdienst des Studentischen Filmkreises der Technischen Hochschule, daß er diesen Film in einer Sonderveranstaltung erstmals in Darmstadt gezeigt hat.

Programmheft SoSe 1957:

„Dieses ungewöhnliche Werk ist der erste wesentliche Versuch die künstlerischen Möglichkeiten der Oper und des Films musikalisch und optisch zu einer Einheit zu verbinden, es ist die erste reine „Filmoper“. Dem Komponisten Menotti, der niemals vorher mit dem Film zu tun hatte, ist mit der filmischen Fassung seiner Oper ein Kunstwerk von faszinierender Intensität gelungen. Bild- und Kamerakunst stehen auf gleicher Stufe mit der Musik- und Schauspielkunst und werden in einer photographisch prägnanten Szenenfolge zu einer Einheit verschmolzen, die als einmaliger Glücksfall bezeichnet werden kann."

Vorfilm: Spiel der Hände (Experimenteller französischer Kulturfilm)