Vampyr - Der Traum des Allan Grey

Mittwoch, 25.11.1959 20:30  ! Köhlersaal
20:30 Vampyr - Der Traum des Allan Grey

Programmheft SoSe 1965:

Der Inhalt des Films ist der »Bericht von der seltsamen Geschichte des David Grey, für den sich die Grenzen zwischen Wirklichem und Unwirklichem verwischten«: David Grey kehrt in einem abgelegenen Gasthof ein und erhält in der Nacht den Besuch eines alten Mannes. Aufgeschreckt und gleichzeitig angezogen durch dessen seltsames Benehmen folgt er ihm und begegnet unterwegs in einem verfallenen Gemäuer einer alten Frau, dem Vampyr, und ihrem Helfer, einem Dorfarzt. Er gelangt schließlich an ein Schloß und erkennt in dem Besitzer seinen nächtlichen Besucher wieder. Doch bevor er eintreten kann, wird dieser durch geheimnisvolle Schüsse getötet. Seine kranke Tochter Leone ist ein Opfer des Vampyrs geworden. Mit Hilfe ihrer Schwester Gisele und eines alten Dieners gelingt es Grey, sie zu retten und den Vampyr und seine Helfer zu vernichten.

Das Äußerliche zu intensivieren, ist der eigentliche Sinn und das Anliegen dieses nuancierten Werkes, und Dreyer hat seine Intention, »die Dinge anders aussehen zu lassen«, meisterhaft verwirklicht durch die Wahl der Schauplätze, der Darsteller, der Lichtführung und des Verhältnisses von Geräusch und Musik. Kameramann Rudolf Mag zeigt uns — durch einen Gazeschleier aufgenommen — eine unter dem Anhauch des Gespenstischen schaurig verwandelte Welt. »Wenn die Kamera durch ein Zimmer schwenkt, das mit Chemikalienflaschen, Apparaten, Skeletten und zerfallenen Giften vollgepfropft ist, vermittelt die zerfließende‚ verschleiernde Fotografie den Eindruck des Verstaubten; als hätte der Tod hier seinen alten Plunder aufbewahrt« (Ugo Casiraghi).

Der häufige Einsatz subjektiver Einstellungen — besonders eindrucksvoll in der bewundernswerten Sequenz, wo David Grey in einer Traumvision durch ein Fenster im Sarg seinem eigenen Begräbnis zusieht — und die außerordentliche Beweglichkeit der Kamera verdichten die Unwirklichkeit der Handlung. Dreyer ließ mit Ausnahme von Maurice Schutz und Sybille Schmitz Laien spielen, die wie im »Trancezustand« agieren, bewußt auf dramatische Mimik verzichtend. Drehbuch und Kamera vermeiden fast jeden zeitlichen und räumlichen Bezug zwischen den einzeInen Szenen und Schauplätzen der Handlung, in denen trotz aller realistischen Details eindeutige Orientierungspunkte fehlen. So werden sie niemals real, sondern »entsprechen geistigen oder psychischen Dimensionen« (W. Kuri).

Den Tod des Arztes und den Schluß des Films muß man zu den besten Beispielen der optischen und akustischen Montage zählen, die es überhaupt gibt, schrieb 1945 Ugo Casiraghi und nannte VAMPYR ein »Meisterwerk eines einzigartigen Schöpfers« und »Cinematografie von höchsten Graden«.

Was dem Regisseur selbst vorgeschwebt hat, können wir einer Bemerkung entnehmen, die Dreyer während der Dreharbeiten machte: »Stellen Sie sich vor, wir sitzen in einem ganz gewöhnlichen Zimmer. Plötzlich sagt uns jemand‚ daß eine Leiche hinter der Tür verborgen liegt. Im selben Augenblick ist das Zimmer, in dem wir sitzen, vollkommen verändert. Alle Dinge nehmen ein anderes Aussehen an. Das Licht, die Atmosphäre sind anders, obwohl wir physisch dieselben geblieben sind. Das heißt, wir haben uns doch verändert, und die Dinge sehen jetzt anders aus, weil wir sie anders betrachten. Das ist die Wirkung, die ich erzielen wollte.«


Programmheft WS 1959/1960:

Während wir in JEANNE D'ARC die realistische, dramaturgisch und psychologisch straff gefügte Nachzeichnung des historischen Prozesses bewunderten, sehen wir uns durch VAMPYR in eine verschwommene, hintergründige, gespenstisch unwirkliche Welt versetzt. Und doch ist in beiden Filmen eine ähnliche Grundkonzeption aufzuspüren.
„Jedesmal wird Geschehen auf eine andere Ebene gehoben; Wirklichkeit wird überhöht und sowohl in JEANNE D'ARC als auch im VAMPYR stehen sich das Gute und das Böse, Dämonisches und Heilendes, Schuld und Unschuld gegenüber.” (W. Kuri)
Was dem Regisseur selbst vorgeschwebt hat, können wir einer Bemerkung entnehmen, die Dreyer während der Dreharbeiten machte: „Stellen Sie sich vor, wir sitzen in einem ganz gewöhnlichen Zimmer. Plötzlich sagt uns jemand, daß eine Leiche hinter der Tür verborgen liegt. Im selben Augenblick ist das Zimmer in dem wir sitzen, vollkommen verändert. Alle Dinge nehmen ein anderes Aussehen an. Das Licht, die Atmosphäre sind anders, obwohl wir physisch dieselben geblieben sind. D. h., wir haben uns doch verändert und die Dinge sehen jetzt anders aus, weil wir sie anders betrachten. Das ist die Wirkung, die ich erzielen wollte.”

Der lnhalt des Films ist der „Bericht von der seltsamen Geschichte des David Grey, für den sich die Grenzen zwischen Wirklichem und Unwirklichem verwischten” (Dän. Zwischentexte): David Grey kehrt in einem abgelegenen Gasthof ein und erhält in der Nacht den Besuch eines alten Mannes. Aufgeschreckt und gleichzeitig angezogen durch dessen seltsames Benehmen folgt er ihm und begegnet unterwegs in einem verfallenen Gemäuer einer alten Frau, dem Vampyr, und ihrem Helfer, einem Dorfarzt. Er gelangt schließlich an ein Schloß und erkennt in dem Besitzer seinen nächtlichen Besucher wieder. Doch bevor er eintreten kann, wird dieser durch geheimnisvolle Schüsse getötet. Seine kranke Tochter Leone ist ein Opfer des Vampyrs geworden. Mit Hilfe ihrer Schwester Gisele und eines alten Dieners gelingt es Grey, sie zu retten und den Vampyr und seine Helfer zu vernichten.

Das Äußerliche zu intensivieren, ist, wie schon in JEANNE D'ARC, der eigentliche Sinn und das Anliegen auch dieses nuancierten Werkes, und Dreyer hat seine Intention, „die Dinge anders aussehen zu lassen”, meisterhaft verwirklicht durch die Wahl der Schauplätze, der Darsteller, der Lichtführung und des Verhältnisses von Geräusch und Musik. Kameramann Rudolf Maté zeigt uns — durch einen Gazeschleier aufgenommen — eine unter dem Anhauch des Gespenstischen schaurig verwandelte Welt. „Wenn die Kamera durch ein Zimmer schwenkt, das mit Chemikalienflaschen, Apparaten, Skeletten und zerfallenen Giften vollgepfropft ist, vermittelt die zerfließende, verschleiernde Fotografie den Eindruck des Verstaubten; als hätte der Tod hier seinen alten Plunder aufbewahrt." (Ugo Casiraghi)
Der häufige Einsatz subjektiver Einstellungen — besonders eindrucksvoll in der bewundernswerten Sequenz, wo David Grey in einer Traumvision durch ein Fenster im Sarg seinem eigenen Begräbnis zusieht — und die außerordentliche Beweglichkeit der Kamera verdichten die Unwirklichkeit der Handlung. Dreyer ließ mit Ausnahme von Maurice Schutz und Sybille Schmitz Laien spielen, die wie im „Trancezustand" agieren, bewußt auf dramatische Mimik verzichtend. Drehbuch und Kamera vermeiden fast jeden zeitlichen und räumlichen Bezug zwischen den einzelnen Szenen und Schauplätzen der Handlung, in denen trotz aller realistischen Details eindeutige Orientierungspunkte fehlen. So werden sie niemals real, sondern „entsprechen geistigen oder psychischen Dimensionen" (W. Kuri).
Den Tod des Arztes und den Schluß des Films muß man zu den besten Beispielen der optischen und akustischen Montage zählen, die es überhaupt gibt, schrieb 1945 Ugo Casiraghi und nannte VAMPYR ein „Meisterwerk eines einzigartigen Schöpfers” und „Cinematografie von höchsten Graden".

VorfiIm: De Renoir a Picasso