Programmheft WS 1966/1967:
Pater Suryn, ein noch junger Priester, wird geschickt, der Mutter Johanna die Teufel auszutreiben. Diese ist Oberin eines einsamen Nonnenklosters auf dem Lande, dessen Insassinnen sich wie toll gebärden, im Klostergarten obszöne Tänze aufführen und sich den eifrigen Exorzisten beharrlich widersetzen. Suryn steigt in der nahen Schenke ab. Die Leute dort, der alte, kauzige Wolodkowicz, die junge Zigeunerin Awdosia und die Stallknechte sind brav und mehr oder weniger fromm oder abergläubisch, beten zur Nacht und finden das Treiben der Nonnen wunderlich und ein wenig spaßig.
Suryn geht ins Kloster, und schon die erste Begegnung mit der Oberin wird für ihn ein schreckliches Erlebnis. Die demütige Johanna verwandelt sich plötzlich in eine aufgebrachte Furie, die ihn anspeit, ihr Bein entblößt, ihn einen ekelhaften Pfaffen nennt und eine Rußhand an die Wand des Refektoriums zaubert. Betrügen dürfe Mutter Johanna nicht, nein, betrügen dürfe sie nicht, meint der alte Wolodkowicz dazu, als Margarete, eine der Nonnen, die Geschichte erzählt. Das sei doch kein Betrug, antwortet Margarete, denn es sei der Teufel, der Mutter Johanna befehle, tagtäglich die Türklinke im Refektorium einzurußen. im Kloster wüten schon richtige Teufel. Die Nonnen versammelten sich alle In der Kapelle und treiben ihr Spiel mit den Exorzisten, fahren kreischend vor dem weihwedelschwingenden Priester auseinander und verstecken sich kokett hinter Säulchen und Bänken. Mutter Johanna wird gepackt und auf eine Holzbank gefesselt, aber sie wehrt sich und huldigt nicht. Mit schreckensvollem Mitleid betrachtet Suryn das Mädchen. Auf dem Dachboden des Klosters kasteien sich Suryn und Johanna die Teufel fahren aber noch immer nicht aus. Suryn verfällt der Sünde. Er beginnt Johanna zu lieben. Er ist seiner Aufgabe nicht gewachsen. Um die Teufel von Johanna zu lösen, und auf immer an sich zu ketten, nimmt er ein Beil und geht hin und erschlägt die zwei unschuldigen Knechte.
Wenn es erlaubt ist, den Rang eines Kunstwerkes an dem Glück zu messen, das es mit seinen Symbolen hat, dann ist Mutter Johanna von den Engeln ein großer Film, denn die Symbole verlieren bei Kawalerowicz nie jene geheimnisvolle Ambivalenz, die sie allein erträglich und dann schön macht. Etwa das Fensterkreuz der Schenke, auf das die Kamera aus der dunklen Stube heraus zufährt und das dann wie eingebrannt ist in die karge Landschaft. Oder die Nahaufnahme der Klosterglocke am Ende. Margereto ist verlassen, hat die entsetzliche Bluttat des Priesters erlebt und läuft, noch im ausgeschnittenen Kleid, zurück ins Kloster, nicht in die Kapelle, sondern auf den Dachboden, weil sie fühlt, daß sie mit Mutter Johanna mehr verbunden ist als mit dem Orden, den sie vielleicht für immer meiden wird. Sie sinkt am Gitter nieder. Und während man das Weinen der beiden Frauen hört, sieht man bis zum Schluß des Films die langsam schwingende Glocke, die die ganze Leinwand in Dunkel hüllt und nur hin und wieder den grellen und leeren Himmel freigibt.




