Programmheft WS 1967/1968:
„Im Zeichen des Bösen” erzählt die Geschichte eines korrupten Polizeihauptmanns — „ein großartiger Detektiv, aber ein miserabler Polizist” — und eines ehrenhaften mexikanischen Rauschgiftdezernenten, der seinen Sturz herbeiführt. Das ist im Grunde nicht sehr kompliziert; in Welles‘ Erzählweise aber wird daraus ein Dschungel verwirrter Motivationen, unheimlicher Intrigen und Enthüllungen. Der ganze stilistische Apparat — dunkle Schatten, Andeutungen von drohender Gefahr, die gerade außerhalb des Bildes lauert, schräge Perspektiven und halbverschluckte Dialoge — wird aufgeboten, um eine Atmosphäre der Korruption zu beschwören. Die Eingangssequenz ergreift unmittelbar: die Kamera verfolgt den langsamen Transport einer Bombe mit Zeitzünder durch eine kleine mexikanische Grenzstadt — bis sie explodiert. Die letzten Szenen, aufgenommen zwischen trüben Kanälen und zerfallenen Bohrtürmen, wo der Held seinem Opfer nachklettert, um sein Geständnis auf Tonband aufzunehmen, sind eine bravouröse Stilübung. Aber im übrigen zeigt sich Welles oft von seiner obskurantischen Seite. Es erscheint typisch, daß der Untersuchungsbeamte nicht einmal einen unschuldigen Telefonanruf erledigen kann, ohne einem seltsamen blinden Weib zu begegnen, und daß das „Motel” in der Wüste, der Schauplatz einer bizarren, wenn auch seltsam matten Rauschgiftorgie, von einem Halbirren geleitet wird.
Wie in „Herr Satan persönlich“ hat Welles ein exotisches Darstellerteam versammelt. Charlton Heston und Janet Leigh, als der Untersuchungsbeamte und seine Frau, behaupten sich dazwischen; Akim Tamiroff ist ein grotesker Finsterling‚ Zsa Zsa Gabor, Joseph Cotten und Mercedes McCambridge werden nur für Augenblicke sichtbar. Als wahrsagende Zigeunerin, mit schwarzer Perücke, Stumpen und zerrissenem Putz ausstaffiert, tritt Marlene Dietrich auf, wortkarg und wehmütig rätselhaft. Welles selbst spielt Quinlan, den Detektiv, der seine Opfer — aber offensichtlich nur die Schuldigen — erpreßt. Mit hinkendem und schleppendem Schritt, massig und mächtig, drückt Quinlan das ungeminderte Interesse seines Erfinders an überlebensgroßen Charakteren aus, die fast nicht mehr erklärt werden können, sondern hingenommen werden sollen. Das Melodram kann es sich leisten, nichts zu erklären — und wenn man diesen schattenreichen, zwiespältigen Reißer betrachtet, mag man weniger auf die Idee kommen, daß hier das für „Citizen Kane“ verantwortliche Talent vergeudet wurde, als daß Welles auch niemals wirklich versucht hat, eine Erklärung für Kane zu finden.
Dagegenhalten muß man indessen den Brief, den Welles an den „New Statesman“ geschrieben hat, in dem er von dem „völlig neuen Schnitt des Films durch den Produzenten” spricht und „einigen Szenen, die ich weder geschrieben habe noch zu inszenieren gebeten wurde”. Hier liegt vermutlich teilweise die Erklärung für den Eindruck der Ungleichheit, den der Film hervorruft ...
(Penelope Houston in Filmkritik)