Seminar Begleitheft WS 1982/1983:
Der privat-eye-Film der siebziger Jahre entsprach sicher einer verbreiteten Verzweiflung an der amerikanischen Gesellschaft (wie überhaupt ja der Privatdetektiv eine Figur der Krise ist), aber nicht alle Filme des Genres trugen die Kritik am Kapitalismus und seinem kriminellen Beiwerk so explizit vor wie z.B die Filme Klute, Unter Wasser stirbt man nicht und Chinatown. Dick Richards begnügte sich wie ebenfalls mit der reinen Rekreation der Atmosphäre der Filme der Schwarzen Serie. Er schuf mit Farewell, My Lovely, nach dem gleichnamigen Roman von Raymond Chandler, ein Remake des Films Murder, My Sweet. Der Film zeigt Robert Mitchum als einen alternden, doch nicht weniger zynisch und hart gewordenen Marlowe, der wohl am meisten Lakonie von allen Marlowe-Darstellern aufbringt. Der Regisseur versuchte, so nahe als möglich an die Atmosphäre der Filme der vierziger Jahre zu kommen; die Details wurden daher wichtiger als die Problematik des Stoffes, und in der Zeichnung der kleinen Accessoires der damaligen populären Kultur, der Musik, die aus neobarocken Radioapparaten quillt, der Neonreklamen und der glänzenden Autos der Zeit, der schäbigen Kneipen und Hotels und als Kontrast dazu die protzige Wirtschaftsarchitektur, der Hüte und Trenchcoats, des nassen Asphalts liegt - neben der Aura von Robert Mitchum - der Reiz dieses Films. ( Zitat: Georg Seeßlen, Mord im Kino )
Die obige Kritik von Fahr zu Hölle, Liebling ist wohl etwas zu sehr auf das Flair des Filmes bezogen, denn über alle Massen lebt dieser Film von der Präsenz eines der letzten Großen aus alten Hollywoodtagen, Robert Mitchum. Mitchum, ein Verehrer von Humphrey Bogart, versuchte garnicht erst Bogey zu kopieren, sondern versuchte der Figur des Philip Marlowe andere Wesenszüge zu verleihen. Was für den Zuschauer, der sowohl The Big Sleep und diesen Film gesehen hat, wichtig erscheint, ist die unterschiedliche Interpretation der Hauptfigur.
