
Seminarbegleitheft WS 88/89:
Namibia, die ehemalige deutsche Kolonie ‚Deutsch-Südwest-Afrika‘, ist auf dem beschwerlichen Weg zur Unabhängigkeit, das ist eine Zeit des Umbruches - der Umorientierung, auch für die 25.000 Deutschstämmigen im Lande. Die Farmerfamilie Metzger ist Anfang des Jahrhunderts aus der Pfalz ins südwestliche Afrika gekommen, um zu siedeln, zu farmen - wieder neu zu beginnen. Philipp, der Sohn von Fritz und Wilma Metzger, ist heute Herr auf der Farm. Sie gehört eher zu den bescheidenen Besitztümern in jener Region, die 1884 ‚Deutsches Schutzgebiet‘ wurde, nach dem Ersten Weltkrieg als Mandat an Südafrika fiel und seitdem von Pretoria (vor allem der Bodenschätze wegen und als strategischer Puffer gegenüber den Nachbarstaaten) nicht freigegeben wird, obwohl die Vereinten Nationen dem Apartheid-Regime schon vor nahezu 20 Jahren die Unabhängigkeit Namibias abforderten. Für Philipp gibt es kein Namibia, für ihn ist dies weiterhin das Land seiner Großeltern und Eltern - noch immer ‚Deutsch-Südwest‘. Und das soll auch so bleiben.
Der Film zeigt ganz alltägliche Bilder von der Arbeit und dem Leben auf einer weißen Farm mit ihren schwarzen Arbeitern und versucht dadurch, einige Probleme sichtbar zu machen, die einer gemeinsamen Zukunft im Wege stehen.
Dieser Film spürt die Arroganz, ja den Herrenmenschenwahn der dort (noch) Mächtigen auf, auch: die Angst und den Zorn, die Erniedrigung und den Stolz der Unterdrückten. Fast jede Einstellung ist Dokument und Kommentar zugleich. Weil Bunge und sein Team -Ron Orders, Arpad Bondy und Caroline Goldie dabei sehr unspektakulär vorgegangen sind, weil sie sich eben nicht das krasseste Beispiel ausgesucht haben, nicht unterschlagen, wem ihre Sympathien gehören und dennoch die beobachtende Distanz zu beiden Seiten halten konnten, fingen sie in kolonialer Ferne Spiegelbilder deutscher Geschichte ein, unverzerrt, aktuell und aufklärend.
-ppk-, Süddeutsche Zeitung, 12.8.1985