Smoking

Dienstag, 14.3.1995 20:00 Audimax
20:00 Smoking

Programmheft Ferien 1995:

„Wir befinden uns in England, in Hutton Buscel im Herzen Yorkshires. Wie jede englische Kleinstadt verfügt auch Hutton Buscel über eine Kirche, einen Friedhof, ein indisches Restaurant und eine Schule. Der Direktor dieser Schule heißt Toby Teasdale, seine Konrektorin Irene Pridworthy. Toby ist mit Celia verheiratet, der Tochter von Josephine Hamilton, die für ihre Verschwiegenheit bekannt ist. Miles Coombes ist Tobys bester Freund und zugleich ein einflußreiches Mitglied im Verwaltungsrat der Schule. Seine Frau, Rowena Coombes, spielt leidenschaftlich gerne Squash. Die ganze Stadt redet schon darüber. Lionel Hepplewick, Hausmeister der Schule, ist der Sohn von Joe Hepplewick, dem Dichter des Orts. Sylvie Bell schließlich arbeitet als Hausangestellte bei den Teasdales. Wir schreiben Sommeranfang, und Celia Teasdale steckt mitten im Frühjahrsputz. Sie tritt hinaus in den Garten, verharrt einen Augenblick, schöpft Atem - als ihr Blick auf einer Packung Zigaretten hängenbleibt. Sie zögert. Soll sie der Versuchung nachgeben oder nicht?“ 

Mit dieser Einleitung beginnen „Smoking“ und „No Smoking“, zwei kunstvolle Komödien von Alain Resnais. Doch je nachdem, wie Celia Teasdale sich entscheidet, nehmen die Schicksale der neun handelnden Personen schon fünf Sekunden später eine ganz unterschiedliche Wendung. Und dabei soll es nicht bleiben: die Handlung gabelt sich immer weiter, bis hin zu zwölf möglichen Schlüssen. Und nicht nur das unterscheidet die Filme von vielen anderen: Alle Szenen, obwohl sie grundsätzlich im Freien spielen, sind in bewußt unrealistischen, kunstvoll ausgeleuchteten, kitschig-schönen Studio-Kulissen gedreht worden, alle neun Rollen werden von nur zwei Darstellern gespielt: Sabine Azema-und Pierre Arditi liefern eine der grandiosesten schauspielerischen Leistungen, die man im Kino jemals gesehen hat. Bis zum Schluß bereitet es großes Vergnügen, die Darstellungsmittel zu durchschauen, mit denen die beiden dem Publikum völlig überzeugend die unterschiedlichen Figuren deutlich machen. Das ist natürlich nicht das einzige Vergnügen am Film: die immer wieder verblüffende und neue Varianten einschlagende Handlung ist mal tragisch, mal gefühlvoll, mal spannend, immer aber auch urkomisch. Trotz der begeisterten Reaktionen von Publikum und Kritik auf der Berlinale 1994 war epd-film im April noch skeptisch gegenüber der deutschen Kinowirtschaft: „Smoking und No smoking haben trotz großen Erfolges in Frankreich bisher keinen deutschen Verleih. Es wäre ein Unglück, wenn sie bei uns nicht ins Kino kämen.“ Nachdem auf den Silbernen Bären aber auch noch weitere Preise, unter anderem Prix Louis Delluc und fünf Césars, folgten, war es dann doch soweit - ein deutscher Verleih brachte einige wenige untertitelte Kopien auch hier in die Kinos. Eine Gelegenheit, die man sich nicht entgehen lassen sollte.