Waking Life

Mittwoch, 30.4.2003 20:00  ! Programmkino Rex
0:00 Waking Life

Jetzt sage noch jemand, es gäbe im Kino nichts neues mehr. Zuerst mit "echten" Schauspielern als "Real"-film auf DV-Handkameras gedreht und dann von verschiedenen Animatoren mit unterschiedlichen Techniken digital nachkoloriert, ist Waking Life schon an seiner Oberfläche aussergewöhnlich. Die sich daraus ergebende progressive Optik changierender Farben, sich transformierender Konturen und gegeneinander oszilierender Bildebenen ist jedoch keineswegs nur ein ästhetisches Gimmick, sondern erweist sich als verblüffend wirkungsvolles Mittel für die adäquate Umsetzung der ebenso ausserordentlichen, "traumhaften" Konzeption des Films.

Wiley Wiggins glaubt zu träumen, wundert sich aber, wie er sich noch währenddessen darüber so im Klaren sein kann. Nach dem vermeintlichen Aufwachen beschleichen den jungen Mann Zweifel über den Realitätsgehalt seiner weiterhin seltsam entrückt wirkenden Wahrnehmungen und er beginnt sich und seine Umwelt zu fragen, was ihm eine Unterscheidung zwischen wachem Träumen und verträumtem Wachsein ermöglichen würde. Die Verschiedenheit und Diskontinuität der Antworten, die seine unterschiedlichen, manchmal unvermittelt auftauchenden Gesprächspartner vor ihm ausbreiten, zieht Anschlussfragen nach sich, die wiederum auf immer weitere Themen verweisen und neue Personen auf den Plan rufen. So ergibt sich daraus für ihn allmählich eine weitläufige sowohl inhaltliche als auch körperliche wie metaphorische Wanderung, die dem Zuschauer ein differenziertes Panorama menschlichen Fragens, Suchens, Erkennens, Zweifelns und Reflektierens eröffnet. Zwischenzeitlich noch öfter "erwachend", gelangt der Protagonist nach und nach zu der Überzeugung, all das auch in einem Traum oder einem anderen Bewusstseinszustand zu erfahren, aus dem er zunehmend verzweifelt "wirklich" aufwachen will, ohne zu bemerken, dass er im Zuge seiner Bewegung dabei ist, den Raum menschlicher Existenz in aller Vielfalt und Komplexität ihrer Erscheinungen zu durchmessen.

Man kann sich als Zuschauer darauf verlegen, den visuell stimulierenden, anekdotischen Charakter des Films zu geniessen, oder detektivisch herausfinden zu wollen, was denn nun mit dem Kerl wirklich los ist, oder sich in ihn hineinversetzen und seine Traumreise mitgehen, oder, oder, oder...

Wahrscheinlich muss man ihn sich mindestens ein halbes Dutzend mal ansehen (am besten mit dem Finger auf der Pause-Taste einer Fernbedienung), um den ungeheuren intellektuellen und kreativen Reichtum dieses genialen, absolut einzigartigen Werkes auszukosten.

"In keinem Filmland der Welt wäre eine solche Studioproduktion denkbar." (filmdienst)

"Das ist wie Disney auf Dogma - und auf Drogen. (...) So gewinnt der Film seine halluzinatorische Qualität." (epd Film)

"Nur dass Linklater nicht wie Disney klassische Musik, sondern Philosophie visualisiert." (filmdienst)

"FILM OF THE YEAR, hopping with intelligence, wit, humanity ... the overall effect is eye-popping, ear-bending and mind-expanding." (iD MAGAZINE)

"Einmal endet ein Paar von Diskutanten als lebendige wolkenfiguren - und genauso leicht muss man sich die Freiheit des Geistes vorstellen, die dieser wunderbare Film über fast zwei Stunden zelebriert." (filmdienst)

MS